Martina Egan Moog
Martina Egan Moog arbeitet als Physiotherapeutin im interdisziplinären PRECISION ASCEND Schmerzmanagement Programm in Melbourne und als Tutorin im Muskuloskeletalen/Sport Master der LaTrobe Universität. Seit 2021 hat sie eine kleine Privatpraxis für Schmerzpatienten, wo sie vor allem psychologisch informierte Schmerztherapie und Yoga in ihre praktische Arbeit einfließen lässt.
Seit 22 Jahren unterrichtet und publiziert sie zu schmerzwissenschaftlichen Themen. Sie ist Instruktorin im Team der NOI (Neuro-Orthopädisches-Institut) und hat 2004 deren „Explain Pain“ (Buch und Kurs) ursprünglich ins deutsche übersetzt (‚Schmerzen verstehen“). Sie ist Mitarbeiterin im Arbeitskreis „Schmerz und Bewegung“ der Deutschen Schmerzgesellschaft und mitverantwortlich für die Entwicklung, Unterricht und Prüfung des Curriculums „spezielle Schmerzphysiotherapie“.
Ursprünglich aus dem Ruhrgebiet kommend, hat sie 1990 ihre Physiotherapie Schule an der Universitӓtsklinik in Essen absolviert. Daraufhin folgten mehrere Jahre in Physiotherapiepraxen im Süden Deutschlands mit dem Schwerpunkt Manuelle Therapie und Sporttherapie.
Von 1996-1999 hat sie zuerst das ‚Postgraduate Diploma in Manipulative Therapy‘ und aufbauend den ‚Master of Science‘ zum Thema ‚‘Schmerzmechanismen und psychologische Faktoren bei chronischen Schleudertrauma Patienten’ an der Curtin Universität in Perth beendet. Im Anschluss daran arbeitete sie für mehrere Jahre im kognitiv-verhaltenstherapeutischen ADAPT Schmerzmanagement Programm in Sydney, dessen Konzept sie seitdem im klinischen Alltag begleitet. Wӓhrend dieser Zeit kam sie auch in Kontakt mit Yoga Philosophie und Bewegungsanleitungen und begann diese zunehmend in ihre therapeutische Arbeit zu integrieren. 2019 hat sie ihre Yoga Ausbildung an der Australian Yoga Academie in Melbourne abgeschlossen.
Sie ist Mutter von drei Kindern und zwei Langhaardackeln und überzeugte „Kalt-Wasser“ Schwimmerin in der Melbourner Bucht.
„Embodiment“ und „Embedment“ in der Schmerztherapie
Das integrative Bindeglied im bio-psycho-sozialen Modell oder nur eine „neue Welle“?
Das übergreifende Thema des Vortrags ist die duale Perspektive des Körpers als Objekt und als Subjekt (des „gelebten Körpers“). Der "gelebte Körper" bezieht sich auf die subjektive Erfahrung des eigenen Körpers und erkennt an, dass Individuen nicht nur anatomische Wesen sind, sondern sich auch aktiv mit ihrer Umwelt durch ihre Körper auseinandersetzen und diese interpretieren. In der medizinischen Fachwelt ist eine Integration beider Perspektiven entscheidend, insbesondere für das Verständnis und die Bewältigung von Schmerzen.
Die IASP aktualisierte im Jahr 2020 ihre offizielle Definition von Schmerzen und ergänzte sie durch sechs Schlüsselanmerkungen, u.a. die, dass „Individuen das Schmerzkonzept durch ihre Lebenserfahrungen lernen“. Dieser Gedanke findet bereits Ausdruck im bio-psycho-sozialen Schmerzmodell, und bietet eine Erklärung dafür, dass viele verschiedene Faktoren zu jeder Zeit sowohl zu einer Schmerzerfahrung als auch zu einer Schmerzlinderung beitragen kӧnnen.
Jede Art von Schmerz drückt sich über den Körper aus. Sie werden sozusagen verkörpert („embodied“) aber durch die Interaktionen des Körpers mit der Welt entsprechend ausgedrückt („embedded“). Schmerzen kӧnnen daher als ein möglicher Schutzmechanismus verstanden werden, der zwar das Überleben eines Organismus ermöglicht, aber sehr oft das „Gedeihen“ einer Person behindert. Schmerzen, vor allem nach einem traumatischen Erlebnis, kӧnnen dazu beitragen, dass der Betroffene sich in seinem eigenem Kӧrper nicht mehr auskennt und sich als Individuum in der Welt nicht mehr erleben kann. Dieses „Dis-embodiment“ führt häufig zu Funktionsstӧrungen auf allen Ebenen des bio-psycho-sozialen Systems, welches sich u.a. anhand von homoestatischen Stressreaktionen, Ängsten und Kontrollverlusten im Alltag zeigt.
Schmerzedukation wird als ein mögliches Mittel vorgeschlagen, um Menschen bei der Sinngebung ihrer gelebten Erfahrungen zu helfen. Oft braucht es trotzdem eine gangbare Brücke, damit theoretisches Verständnis auch praktisch anwendbar wird. Berührung, Atmung und Bewegung kӧnnen Säulen einer solchen Brücke sein.
Der Vortrag schlägt vor, dass durch gezielte Bewegungsanbahnung, -schulung und Übung einerseits intero- und propriozeptive Prozesse bewusster wahrgenommen und andererseits überprotektive‘ Schutzreaktionen zielgerichteter beeinflusst werden kӧnnen. Dieses sogenannte „Re-embodiment“ hat nicht primär um Ziel eine Schmerzreduktion, sondern die Stärkung der individuellen Resilienz durch Rückführung zum Körper als Ressource.