Die Expertin für neurozentriertes Training, Luise Walther, trägt einen ARTZT neuro SoundVibe Knochenschall Kopfhörer

Neurozentriertes Training: Interview mit der Neuroathletiktrainerin Luise Walther

Lesezeit: 5 Minuten

Neurozentriertes Training ist bei vielen Menschen im Alltag angekommen. Die Neurotrainerin Luise Walther gehört zu den führenden Expertinnen in diesem Bereich. Im Gespräch finden wir mit ihr gemeinsam heraus, welche negativen Folgen der übermäßige Konsum von Computern, Smartphones und Co. haben kann und was dagegen hilft.

Neurozentriertes Training: „Ich schaffe mir täglich kleine Inseln der Erholung“

Luise, du bist selbst Jungunternehmerin und hast den Weg raus aus der Schmerz- und Stressfalle rein in einen achtsamen Healthstyle gefunden. Wie ist es dir dabei ergangen?

Das war für mich eine sehr bewusste und schrittweise Veränderung meines Lebensstils. Nach zwei Bandscheiben-OPs war ich dazu genötigt, etwas zu verändern. Erstmal wieder ein Gespür dafür zu bekommen, wie sich mein Körper bei bestimmten Situationen und Aktivitäten anfühlt, war dafür ganz wichtig. So konnte ich lernen, mich besser auf meine Körperwahrnehmung zu konzentrieren und meine Atmung zu kontrollieren. Dadurch kann ich immer wieder Stress reduzieren und meine mentale und körperliche Gesundheit verbessern. Das bedeutet aber nicht, dass ich immer einen schmerz- und stressfreien Alltag habe. Beides gehört zu meinem Leben dazu. Ich kann es aber heute besser regulieren und smart darauf reagieren.

Wie empfindest du die Vielzahl an digitalen Medien und wie gehst du damit um?

Die Fülle an digitalen Medien kann zu Digital Overload führen, was zu Überstimulation und Stress führen kann. Persönlich bin ich ein großer Fan von Digitalisierung. Ich sehe super viel Potenzial darin und nutze daher digitale Medien nonstop – Laptop und Handy habe ich eigentlich immer dabei. Immer wieder Pausen von digitalen Medien einzulegen und stattdessen Zeit mit kleinen Bewegungseinheiten oder in der Natur zu verbringen, ist aber als Ausgleich notwendig. Das kommt bei mir fairerweise auch oft zu kurz, daher habe ich mir angewöhnt, Meetings wenn möglich als Walk and Talk zu planen. Das ist besonders für die Augen entscheidend. Sie spielen eine wichtige Rolle, da sie die visuellen Informationen verarbeiten und bei längerer Bildschirmarbeit schnell ermüden können. Deshalb baue ich auch regelmäßige Augenübungen in den Tagesablauf ein und habe da meine eigenen Routinen etabliert.

Was ist dein Ausgleich zum digitalisierten Alltag?

Da bin ich sehr pragmatisch: Leckeres Essen in guter Gesellschaft, viel Bewegung und guter Sex. Mein Arbeitspensum ist recht hoch und ich habe gewisse Routinen, an die ich mich halte, egal ob ich zu Hause bin oder unterwegs. Am Morgen direkt Sport nach dem Aufstehen, dann kalt duschen und wenn möglich direkt Sonne tanken. Da ich viel Rad fahre, habe ich das auf dem Arbeitsweg meistens automatisch.

Ein guter Nebeneffekt ist die Bewegung und die Handyfreie Zeit. Der Blick schweift durch die Gegend, auch wenn Berlin nun nicht unbedingt ein Natur-Paradies ist. Frische Luft und den Blick auf Bäume bekomme ich dennoch. Und freie Zeit beziehungsweise Pausen plane ich direkt mit Freunden oder Projektparner:innen in Bewegung – zum Beispiel einen Business Lunch mit anschließendem Spaziergang, eine Runde laufen am Kanal mit Freunden oder eine Spielplatz-Runde mit der Familie. So schaffe ich mir tägliche kleine Inseln der Erholung.

Du hast eine Ausbildung als Z-Health-Coach gemacht. Wie kann neurozentriertes Training uns zu einem gesünderen Lebensstil verhelfen?

Z-Health ist ein amerikanisches Ausbildungssystem für angewandte Neurowissenschaften. Dr. Cobb hat dabei ein innovatives Ausbildungskonzept kreiert. Dieses umfasst ein umfangreiches Skillset mit Elementen aus der Bewegungsneurologie, Schmerzneurophysiologie, dem motorischen Lernen, Wissen rund um die visuelle und vestibuläre Interaktion mit dem muskuloskelettalen System und Verhaltensänderungsansätzen. Für mich war es entscheidend zu verstehen, wie Gehirn und Körper interagieren. Egal ob Leistungssteigerung, Schmerzmanagement, Stressregulation oder Bewegungsoptimierung: Schmerzen, Bewegung und Stress entstehen im Gehirn. Und daher sollte Training dort auch ansetzen.

In unserer digitalen Welt gibt es viele Menschen, die unter Stress leiden. Was machen Sie falsch?

Ich würde mir nie anmaßen zu sagen, dass jemand etwas falsch macht, denn jede und jeder leistet das für sie oder ihn mögliche. Stattdessen empfehle ich, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um die Stressregulation und das Stressmanagement zu verbessern. Es ist bekannt, dass chronischer Stress negative Auswirkungen auf Körper und Geist hat und mit verschiedenen Krankheiten in Zusammenhang gebracht werden kann. Es ist daher wichtig, Wege zu finden, um Stress zu reduzieren und besser damit umzugehen. Studien haben gezeigt, dass Achtsamkeitsübungen eine effektive Methode zur Reduzierung von Stress und Verbesserung der Stressregulation sein können. Gezieltes Neurotraining kann ebenfalls dazu beitragen, die Stressbewältigung zu verbessern. Statt sich also immer weiter zu pushen, geht es darum, die Aufmerksamkeit auf die eigene Körperwahrnehmung zu lenken, damit man das Nervensystem nicht überlastet.

Du arbeitest mit sogenannten Auslösern. Was ist das und warum sind diese im Alltag so wichtig?

Auslöser sind im Alltag wichtig, um Verhaltensänderungen zu ermöglichen. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Handlung oder Gewohnheit und motivieren, eine neue Gewohnheit umzusetzen. Wir neigen alle dazu, in Routinen und Gewohnheiten zu verfallen, besonders wenn wir uns in einer vertrauten Umgebung befinden. Auslöser können jedoch dazu beitragen, diese Routine zu durchbrechen. Denn sie erregen unsere Aufmerksamkeit und ermutigen uns, zum Beispiel neue Handlungen auszuprobieren. Dass kann das Klingeln des Weckers am Morgen sein, um aufzustehen und in den Tag zu starten. Liegen Süßigkeiten unübersehbar in der Küche, können sie ein Auslöser sein, diese als ungesunde Snacks zu essen. Wenn wir uns also dessen bewusst sind, wie Auslöser unser Verhalten beeinflussen, können wir positive Auslöser schaffen. Und diese helfen uns, neue Gewohnheiten zu entwickeln oder bestehende Gewohnheiten zu ändern. Außerdem können Auslöser auch helfen, eine Verbindung zwischen einem gewünschten Verhalten und einem positiven Ergebnis herzustellen. Wenn wir beispielsweise nach dem Training ein erfrischendes Getränk zu uns nehmen, kann das Trinken dieses Getränks zu einem Auslöser werden, der uns motiviert, regelmäßig zu trainieren, da wir das positive Gefühl mit dem Getränk verbinden.

Warum können Tools für neurozentriertes Training hilfreich sein, um die eigenen Gesundheitsziele zu erreichen?

Zunächst einmal ist es wichtig, sich überhaupt Ziele zu setzen. Diese sind immer sehr individuell. Während die eine ihren Schlaf verbessern will, möchte ein anderer vielleicht eher seine Nackenverspannungen reduzieren und wieder andere haben das Ziel, ruhiger und gelassener zu werden.

Arbeitet man dabei mit unterschiedlichen Tools, hat man gleich mehrere Vorteile:

  1. Tools für neurozentriertes Training können uns dabei helfen, uns bewusster zu machen, wie unser Gehirn auf bestimmte Reize oder Situationen reagiert. Dieses Bewusstsein ermöglicht es uns, uns besser selbst zu reflektieren und unser Verhalten und unsere Gedankenmuster zu verstehen.
  2. Durch den Einsatz von Neuro-Tools können wir lernen, unsere Reaktionen besser zu kontrollieren und zu regulieren. Dies kann uns helfen, uns von ungesunden Verhaltensweisen wie Stressessen oder Rauchen abzuhalten und gesündere Alternativen zu wählen.
  3. Neuro-Tools können uns helfen, uns besser zu motivieren und Belohnungen mit unserem gewünschten Verhalten zu verknüpfen. Dies kann uns helfen, unsere Gesundheitsziele zu erreichen, indem wir unsere Motivation steigern und unser Verhalten auf positive Ergebnisse ausrichten
  4. Durch die Verwendung von Neuro-Tools können wir individuelle und personalisierte Gesundheitslösungen entwickeln, die auf unsere spezifischen Bedürfnisse und Ziele abgestimmt sind.
  5. Neuro-Tools können uns helfen, effektiver mit Stress umzugehen, indem sie uns dabei unterstützen, unser Stressniveau zu reduzieren. Dies kann uns helfen, gesünder zu bleiben und bessere Entscheidungen in Bezug auf unsere Gesundheit zu treffen.

Was ist dein erfolgreichster Auslöser für eine Bewegungspause?

Ganz klar: Coffee, Walk and Talk in der Sonne. Sobald die Sonne scheint und ich keinen festen Termin am Rechner habe, nutze ich den Moment um an der frischen Luft zu sein, um Sonne zu tanken und mich zu bewegen. Oft ist die Belohnung ein Kaffee und dann sitze ich mit Notizbuch im Café und arbeite an meinen Projekten. Bei Projekten, die keinen Aufschub dulden und erledigt werden müssen, holen mich kurze Atem- oder Augenübungen aus der Arbeitsstarre und bringen mir neue Energie.

Über Luise Walther

Luise Walther ist Spezialistin für neurozentriertes Training und ausgebildete Z-Health-Coachin. Ihr Ziel ist es, einfache und zugängliche Lösungen anzubieten, um die Freude an körperlicher Bewegung zu wecken. In ihrer Arbeit konzentriert sie sich besonders darauf, die körperliche Leistungsfähigkeit in all ihren Facetten zu betrachten. Ihr Ansatz beruht dabei auf der Erkenntnis, dass Schmerzen, Bewegung und Stress im Gehirn ihren Ursprung haben.

luisewalther.de

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